Die Dinge, wie die Inhalte zu ignorieren, sie abzutun – sei es aus reiner Gewohnheit oder aus sportlich leidenschaftlicher Ignoranz – ist weit verbreitet. Mitunter findet es auch beim vermeintlich innovativen homo sapiens (vernunftbegabter Mensch) Anwendung, dem Menschen, der, noch bevor er sich auf etwas einlässt, sprich das sokratische Zuhören ignoriert, der das Unbekannte niederbügelt. Bezogen auf das künstlerische Ding, wie auf beschriebene Inhalte zur Kunst, sind dem einen die Antworten zu emotional, dem anderen zu sachlich rational.
Der Verstand, das Bewusstsein, der sachlich schwere Grund Nous (ihm gegenüber der emotionale unverbindliche Thymos – beide zusammengestellt als Geist betrachtet), dieses Vernunftdenken des objektiven Logos, wird als Denken der Normen verstanden, das vorwiegend regressiv wie rezeptiv, orientiert, ordentlich, strukturiert ist, der Reihe nach, uniformiert, Gesetze aufstellt, ja sich selbst beweiskräftig darstellt; aber… und hier streiten sich die Geister über Ausschließlichkeit und Maßgeblichkeit. Der objektive Verstand, der wenig oder völlig unbegabt eines kreativen innovativen Schaffens ist, vermag das Neue, Andere, Ungebundene, Gesetzlose, Unvergleichbare, das grenzenlos Umfassende, das Originelle, wirklich Freie nicht oder wenig zu akzeptieren. Kurzum: Imagination, Intuition und Inspiration, gelten als künstlerische Eigenschaften und sind inwendig – »schlafende Vernunft«. Der Geist des Empfindens und Erfindens ist unbewusstes Denken, das sich im Bewusstsein äußert, ist ontisch, als seiend vor dem Bewusstsein, dem Genie genetisch als stoffliche Fähigkeit mitgegeben. Das trifft, nach derzeitigem Stand der Wissenschaft, auf einen einheitlich monistischen Geist der Philosophie im groben Sinn zu und bietet höchst potenzielle Verflechtung auch zur Kunst, zu meiner Kunst, die ich mit diesem Einstieg gemäßigter Zeilen (947 Zeichen) für Nichtignoranten darstelle:
Ich sehe die Kunst nicht in der objektiv logischen Redlichkeit, nicht in einem gesellschaftlich politischen Realismus (politische Kunst), noch lässt sie sich direkt auf eine Betrachtung der vordergründig motivgeschichtlichen Aspekte übertragen. Sondern, ich sehe dieses »ästhetische« Schaffen mehr in einem interdisziplinären, spontan handelnden Instinkt, der außerhalb der noetischen Schau sowie außerhalb der kulturellen Nachschau im Bereich der freien Kunst steht. Eine Kunst, in der die abstrakten, kreativen, individuellen Farb- und Formempfindungen, das seelisch Wandelbare oder das Abgewandelte, in der das Numinose, das schicksalhafte Geschehen, der kryptisch unerklärbare Zauber der Kunst als Mysterium im Vordergrund stehen. Der Zauber, der das Reale, Greifbare ausschließt, zugleich jedoch den kulturellen, politischen, eventuellen Irrtum der Gleichmachung, den Irrtum der Quiddität eines Vollkommenen wie die Perfektion (in der der Mensch besser werde) einschließt.
Es gibt kein vollendetes Ergebnis. Es gibt nur einen zeitlich unmittelbaren Zustand, den wir bereit sind, in unserer psychischen Fragilität, zu akzeptieren oder nicht. Kunst äußert sich über die Form und die Form ist Ausdruck der Energie, die in ihr steckt. Das Greifbare (im Gegensatz die Absurdität), das Begreifen durch den objektivierenden Logos, lähmt den vitalen Kern des »oculus imaginationis«. Das Bild bleibt dem rätselhaften, ästhetischen, beweglichen Auge, sonst ist es nur eine andere Art der gewöhnlichen, medialen, politischen… Illustration. Meine Bildnisse, die Kunst, die ich meine, sind mehr nach Schopenhauers »ideenlosem Willen« zu verstehen, als pure energetische Handlung ohne direkt einwirkenden Sinn und Zweck, als Spiel ohne größere Absicht. Die Darstellung der Geschichte des Lebens, der Zauber des magischen Naturschauspiels als unaufhörlicher Trieb der universellen Natur kennen keine direkte Absicht, noch verlangen sie zwingend verbindliche Betrachtung. Alles Lebendige ist Ursprung einer sich einpassenden, irrationalen Idiotie (Fehlverhalten nach Darwin), in der sich unsere ideelle Struktur »einbildet«. Somit ist mein kreatives Tun mehr ein unüberlegtes, interdisziplinäres, spontanes Verhalten – nicht eine motivanalytische Marktbetrachtung – in der sich menschliche Vorstellung, gleichsam ideelle Subjektivität als Teil des Lebens vieler Varianten sehen lässt, was mir eine ikonische Differenz wie eine mehrfach kodierte Symbolik bereit stellt. Das Leben, wie die Kunst, fusionieren im besten Sinne aus Neigung zum Unbewussten mit seinem vorbewussten und epigenetischen Instinkt, der mehr ist als die Summe seiner Teile. Instinkt, der aus übersinnlicher Ahnung, aus der Empfindung eines menschlichen Meinens, aus Nichtwissen oder eines seelischen, atmosphärischen Einwirkens zwischen »Kernindividuellem« und »Kernganzem« gegebenenfalls spirituelles einfallendes Denken zulässt. Das liegt – mit den geheimnisvollen Verflechtungen des Unbewussten, fern von Totalität, Redlichkeit und Verstandeswissen – im Unbekannten. Die Kunst gleicht dem göttlichen Schöpfungsakt, der naturgewordenen Kreativität. Ihr liegt kein logischer Plan zugrunde, vielmehr folgt sie einer aktiven ideellen Schönheit und Freiheit des Willens.
Meine Kunst, die nicht auf Materie positivistischem Grund epistemologisch gründet, noch ethisch moralisch, kulturell, aus wahr und gut allein zu denken ist, setzt viel mehr auf einen freien, kreativen, autopoetischen schönen Geist, der frei aus innerster Notwendigkeit auf seine Art und Weise instinktiv mit dem Zufall oder dem »Zufallen« aus rätselhafter Natur gestalten will.
Der Existentialphilosoph Kierkegaard erklärt: »Der Mensch ist Geist. Was aber ist Geist? Geist ist das Selbst. Aber was ist das Selbst? … Das Selbst des Menschen ist ein Verhältnis, das sich zu sich selbst verhält und, indem es sich zu sich selbst verhält, sich zu einem anderen verhält.« Nietzsche, der wohl deutlichste Idealist, nennt es »Seelenganzes«, welches in Religionen, bei Dichtern und Denkern auch in der Quantenphysik Annahme findet.
Was ich kann, was ich weiß, macht sich jederzeit. Macht sich Kunst aber nicht zur gegebenen Zeit?
Das bessere Bild, Mühe, Fleiß, kanonenhaft Konkretes sowie Plan und Konzept sind trügerisch. Vielmehr sehe ich die Kunst wie das Symptom als eine vorübergehende Eigentümlichkeit, zu der wir weniger eine offensichtliche als eine geheime Verbindung haben. Das Bildnis bleibt ein Geheimnis des subjektiven Glaubens, bleibt der spontanen Einbildungskraft des Künstlers geschuldet und ist somit dieser Welt ohne Wahrheit improvisatorisch vorgestellt. Wenn, nach Kant, das Wahre so wahr ist wie das Subjekt im Objekt, den Gegenstand und sein Wesen zu erkennen vermag, gibt die Kunst undogmatisch vielleicht größte Wahrheit preis. Wahrheit, in der die Natürlichkeit des Unnatürlichen, »wie die Leere, in der alles in Erscheinung zu treten vermag«, Position findet.
Wer sagt, er habe die Kunst verstanden, der hat sie nicht verstanden.
Peter Wittstadt